Rezension: Understanding SEO

Sebastian Schweyen

Cover des Buches Understanding SEO von Franz Enzenhofer

Abseits des SEO-Blog-Mainstream gibt es manchmal Bücher, die unscheinbar wirken, es aber faustdick zwischen dem Buchdeckel haben. Ein solches Buch ist „Understanding SEO“ von Franz Enzenhofer. Hier meine Rezension und Leseempfehlung.

Einleitung

Ich habe Franz auf der ersten(?) SEOkomm in Salzburg gesehen, auf der er sichtlich nervös einen Vortrag gehalten hat. In seinem Vortrag proklamierte er Dinge, die zur damaligen Zeit (und sicherlich auch heute) noch als Sakrileg gelten: „Verlinke halt von eigenen Seiten auf den Wettbewerb, wenn es für den Nutzer gut ist“. In den guten alten Zeiten, in denen Backlinks alles waren, eine ungeheure Aussage.

Für wen ist das Buch

  • Für jeden, der hochkonzentriertes Praxiswissen lesen will.
  • Für Anfänger, die die Prinzipien guter Suchmaschinenoptimierung kennenlernen wollen.

Für wen ist das Buch nicht

  • Für jeden,  der nur einfache Lösungen ohne Nachdenken sucht.
  • Für jeden, der nur lektorierte Bücher ernst nimmt ;-)

Vieles, was Franz Enzenhofer schreibt, ist richtig und eine gute Grundlage für die eigene Arbeit. Man sollte nur wissen, bei welchen Projekten man welchen Fokus setzen sollte, bzw. was in welchem Stadium wichtig ist.

Aber worum geht es in dem Buch? Eigentlich um drei wichtige Prinzipien in der Suchmaschinenoptimierung: vom Nutzer aus zu denken, saubere Prozesse zu haben, Vereinfachung & Automatisierung.

1. Der Nutzer zuerst

Die wichtigste Erkenntnis ist, dass Google letzten Endes eine Black Box ist, die man nicht nachbauen, nicht beeinflussen und niemals vollständig vorhersagen kann. Die technischen und algorithmischen Grundlagen sind mehr oder weniger öffentlich in Form von Patenten und Blogposts, aber die Ausprägungen, die Wechselwirkungen und einem unbekannte Mechanismen machen es unmöglich wissenschaftlich „vorherzusagen“, wie Google reagieren wird.

Es gibt ein Bauchgefühl und Erfahrungswerte in der Suchmaschinenoptimierung. Letzten Endes hat man selbst keinen Einfluss auf Google. Man hat aber Kontrolle über das, was auf der eigenen Seite passiert und über die Inhalte, die man seinen Besuchern zeigt. Für diese beiden Faktoren gilt es also zu optimieren.  Das Wichtigste ist der Nutzer. Konzentriere dich daher auf den Nutzer und leite daraus deine Maßnahmen ab. Oft gesagt, leider noch öfter vergessen.

..und werde eine Marke

Marken sind geronnenes Vertrauen. Marken sind eine Vereinfachung, eine Heuristik für Nutzer. Marke trennt die Spreu vom Weizen. Und selbstverständlich kann Google den Einfluss von Marke auf das Suchverhalten messen und positiv bewerten. Auch nichts Neues und auch zu oft vergessen.

„Brands are the solution, not the problem. Brands are how to sort out the cesspool…“Eric Schmidt

Eric Schmidt

2. SEO ist ein Prozeß

SEO ist langfristig nur zielführend, wenn man vom Nutzer aus denkt und idealerweise eine Marke aufbaut. Um das zu tun bedarf es aber eines zielführenden Prozesses. Deswegen verstehe, beherrsche und verbessere deinen SEO-Prozess! Du hast doch einen Prozess, oder?

Leider sieht man noch zu oft den Glauben, daß es für „SEO“ ausreicht, „wenn am Ende einer draufguckt und etwas optimiert“. In gut funktionierenden Unternehmen ist es aber ein Prozess, der im ganzen Unternehmen verankert. Nicht immer steuert SEO alles, aber alle Bereiche/Abteilungen/Kanäle arbeiten zusammen und unterstützen sich gegenseitig.

Den Prozess SEO muss man also systematisch angehen. Franz beschreibt Regeln, Methoden und Best Practice um den eigenen Prozess zu verstehen und zu verbessern. Seine Best Practice beinhaltet alles, was ein angehender Suchmaschinenoptimierer kennen und können muss. Sehr lesenswert, denn alle wichtigesten Punkte sind einfach und praxisnah zusammengefasst.

3. Einfachheit. Weniger ist mehr.

Prozesse sind einfacher zu verstehen und zu skalieren, wenn sie einfach sind. Vereinfache also deine Prozesse und deine Seite! Vereinfachung kann am leichtesten durch Regeln und Automation erreicht werden.

Reduktion ist ein weiteres Mittel, um Prozesse zu vereinfachen. Je weniger Inhalte und/oder Bestandteile einer Seite gemanaged werden müssen, desto leichter ist Aufbau, Pflege und Optimierung der eigenen Seite. Weniger unnütze Inhalte stärken die Marke und führen zu einer positiven User Experience.

Einfache Seiten haben eine Menge Vorteile:

  • laden schneller, denn sie haben weniger CSS und JavaScripte
  • und/oder weniger Widgets & unnütz eingebundene Inhalte
  • sie werden schneller dargestellt (rendering)
  • funktionieren besser bei schlecher Mobilverbindung
  • sie haben weniger Fehler, denn sie sind einfacher zu debuggen

Deswegen: baue einfache, schnelle, schlanke, fokussierte Seiten!

Ballast ist totes Gewicht, das sich auf jeder Seite ansammelt. Als Ballast kann man betrachten:

  • Seiten ohne Inhalt
  • Seiten mit veraltetem Inhalt
  • viele Seiten zum gleichen Thema / zur gleichen Suchanfrage
  • unnötige Seiten, die keiner (mehr) liest
  • nicht funktionierende Seiten
  • doppelte Seiten
  • Klickstrecken

Auch das sind Erkenntnisse, die sich so langsam durchsetzen. Auf der Campixx 18 gab es eine Reihe von Vorträgen zum Thema Reduktion, Content-Konsolidierung etc. Anscheinend kommt es langsam an, dass unkontrolliertes (Inhalts-)Wachstum nicht Zeichen von Gesundheit, sondern Krebs ist.

Die URL als Kernelement

URLs sind die Grundlage jeder Seite. Eine durchdachte, geplante, logische & einfache URL-Struktur ist das Herz jeder(!) Seite. Franz‘ Regeln für URLs / Inhaltsseiten sollte man jedem SEO immer wieder ins Gedächtnis rufen. Zu oft wird bei dieser Grundlage geschludert. Was vielleicht mit 100 Seiten gut funktioniert und bei 10.000 Seiten noch OK ist, kann bei 100.000 Seiten und mehr schon zu massiven Problemen führen. URLs sind das Fundament jeder Seite und das Fundament muss stimmen.

Interne Verlinkung: so einfach ist es nicht

Seitenstruktur/interne Verlinkung: Es reicht nicht, dass „jede Seite von mind. einer anderen Seite verlinkt wird“. Gerade bei großen Seiten ist die Umsetzung von sinnvollen Hubs und der Aufbau einer sauberen internen Verlinkung essentiell (und verdammt schwierig).

Kontrovers: Nicht auf Linkbuilding fokussieren

Linkbuilding ist schwer und daher meist quatsch. Auch ist die Aussage, dass Linkaufbau zu schwer, zu ungenau und daher nicht optimale Strategie sei, nur die halbe Wahrheit. Hier sollte man von Branche zu Branche und von Seite zu Seite unterscheiden.

Fazit

Das Buch liest sich stellenweise leider etwas anstrengend. Man merkt, dass es mit viel Herzblut und Erfahrung geschrieben wurde. Ein Lektorat hätte jedoch gut getan. Dennoch: Selten bekommt man soviel Erfahrung und Wissen auf das Wesentliche konzentriert zu lesen.

Mein Fazit: Ein sehr gutes Buch, dessen Prinzipien jedem SEO helfen werden. Ich habe darin viele Ideen und Perspektiven gefunden. Deswegen: Leseempfehlung.

Wer hier schreibt

Ich bin Sebastian Schweyen und seit mehr als 11 Jahren berate ich Kunden erfolgreich als SEO Freelancer mit Schwerpunkt auf technischer Suchmaschinen­optimierung und Relaunches.

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